In jeder Branche wird im Moment „digitalisiert“. Die Entscheidung für die Digitalisierung erfolgt erfahrungsgemäß aus unterschiedlichen Impulsen heraus, beispielsweise kann das Ziel der Digitalisierung die Effizienzsteigerung sein. Aber auch regulatorischer Druck durch ein neues Gesetz können Impulsgeber sein.
Was ist Digitalisierung?
Ursprünglich stammt der Begriff der Digitalisierung von dem Prozess der Umwandlung von analogen Werten in eine digitale, von Maschinen lesbare, Form. Ein gutes Beispiel ist die Digitalkamera, bei welcher die analogen Bilder in eine digitale Form transformiert werden, sodass sie am Bildschirm betrachtet und verarbeitet werden können.
Heutzutage wird Digitalisierung oft synonym zu den Wörtern „Modernisierung“ und „Optimierung“ verwendet.
Die zu digitalisierenden Prozesse unterscheiden sich je nach Branche und Use Case. Auch innere und äußere Einflussfaktoren haben Auswirkungen auf die Abhängigkeiten zwischen Prozessen und den daraus folgenden Konsequenzen der digitalisierten Prozesse.
Alle Prozesse benötigen aber gleichermaßen eine gut durchdachte Vorbereitungsphase.
Ganzheitliche Vorbereitung
Damit ein Digitalisierungsprojekt erfolgreich umgesetzt werden kann, ist eine gut durchdachte Vorbereitung essenziell. Nicht nur das Ziel sollte klar formuliert sein, auch die Verantwortlichkeiten müssen eindeutig definiert sein. Meist ist ein Digitalisierungsprojekt nur dann erfolgreich, wenn dieses durch die Unternehmensführung unterstützt und eingefordert wird.
Gewöhnlich scheitern viele Projekte daran, dass das Projekt nicht ausreichend vorbereitet war. Teilweise war das Digitalisierungsziel nicht eindeutig formuliert. Das führt zu Ergebnissen, in dem das Produkt nicht den ursprünglichen Anforderungen entsprach. Oder betroffene Mitarbeiter wurde nicht eingebunden, wodurch wertvolles Fachwissen und Erfahrungswerte nicht berücksichtigt wurden. Das führt zu einem ineffizienten Prozess.
Dem entgegen wirkt der ganzheitliche Vorbereitungsprozess. Unter der ganzheitlichen Vorbereitung werden die folgenden Aspekte berücksichtigt: die Anforderungsanalyse, die eindeutige Zieldefinition, sowie die Festlegung und Definition aller Einflüsse, Verantwortlichkeiten und Abhängigkeiten bezogen auf einen Prozess.
Zieldefinition:
Am Anfang der Digitalisierung muss das Ziel definiert werden. Soll beispielsweise lediglich ein Teil eines Geschäftsprozesses digitalisiert werden oder handelt es sich hier um eine unternehmensweite Digitalisierungsstrategie?
Das Modell in Abbildung 1 stellt die Hierarchie der unterschiedlichen Ebenen eines Digitalisierungs-Use Cases dar. Die Grundaussage dieses Modell ist der auf den unterschiedlichen Ebenen dargestellte Detaillierungsgrad eines Digitalisierungs Use Cases. In der Spitze der Pyramide ist die Digitalisierungsstrategie abgebildet. Diese stellt grundsätzlich die Positionsbestimmung im Hinblick auf die Digitalisierung im Unternehmen dar. Der Detailierungsgrad ist hier eher generisch. In der darunter folgenden Ebene sind die strategischen Ziele sowie die strategischen und kritischen Erfolgsfaktoren abgebildet. Diese sind konkreter gestaltet. Teilweise besteht eine Differenzierung für die unterschiedlichen Abteilungen oder Themenfelder. Danach folgen die Ebenen der Leitlinien und den operationellen Zielen. Unterhalb der Pyramide sind die unterschiedlichen operativen Themenfelder eines Unternehmens dargestellt. Das Modell kann bei der Einordnung des Digitalisierungsziels helfen. Ist das Ziel eine Digitalisierungsstrategie? Wenn ja, folgt daraus, dass gegebenenfalls alle darunter liegenden Ebenen im Unternehmen etabliert werden müssen.
Oder ist das Ziel einen einzelnen Geschäftsprozess aus einem der Themenfelder zu optimieren? Soll beispielsweise eine Teilstrecke eines Geschäftsprozesses im Bereich „Kompetenzen & Kultur“ digitalisiert werden, so kann neben den fachlichen Anforderungen auch der Kontext des Prozesses im Unternehmen überprüft werden. Sind die operativen Ziele definiert? Gibt es bereits unternehmensweite Richtlinien, welche berücksichtigt werden müssen? Und passt die Digitalisierung dieses Prozesses in die allgemeine Digitalisierungsstrategie?
Das Modell ist eine Hilfestellung zur Berücksichtigung aller relevanten strategischen und konzeptionellen Parametern.
Prozess-Analyse:
Nach Festlegung des Digitalisierungsziels ist der nächste Schritt die Analyse des derzeitigen IST-Zustands des zu digitalisierenden Prozesses. Nicht alle Prozesse müssen teilweise oder vollständig digitalisiert werden. Zum Teil reicht bereits eine Verbesserung des manuellen Prozesses oder andere Lösungsmöglichkeiten.
Als ein Schritt der Prozess-Analyse wird überprüft, inwiefern der existierende Prozess durch Digitalisierung optimiert werden kann. Dazu gehört auch die Dokumentation des manuellen Prozesses. Anschließend kann dieser analysiert und optimiert werden. Weitere Schritte der Analyse sind unter anderem der Vergleich mit Erfahrungswerten und die Überprüfung des Mehrwerts des Prozesses.
Ein Ergebnis der Überprüfung könnte sein, dass der Prozess stark verschlankt werden muss. Alle Prozessschritte, welche keinen eindeutigen Mehrwert liefern, sollten gekappt werden. Das entspricht dem SIMPLIFY-Ansatz, welcher besagt, dass Prozesse so pragmatisch, direkt und nachhaltig wie möglich gestaltet sein sollten. Ein weiteres Ergebnis kann sein, dass es keinen Sinn ergibt den Prozess zu digitalisieren, da durch die Digitalisierung kein Mehrwert geschaffen wird. Der Prozess ist bereits vollständig optimiert und effektiv, auch wenn er ein manueller Prozess ist.
Grundsätzlich gilt es genau zu prüfen, inwiefern die Digitalisierung von Prozessen Sinn ergibt, in welchem Maß ein Prozess optimiert werden kann und natürlich auch zu welchem Preis. Die Abhängigkeiten eines Prozesses von den inneren und äußeren Einflussfaktoren und die Konsequenzen für andere im Unternehmen existierender Prozesse spielen hier eine große Rolle. Ein denkbares Szenario könnte sein, dass ein manueller Zwischenschritt eingeführt werden muss, damit der neue digitalisierte Prozess weiterhin kompatible ist mit den anderen von ihm abhängigen Geschäftsprozessen ist.
Abhängigkeiten und Konsequenzen:
Die Identifizierung der Abhängigkeiten der unterschiedlichen Geschäftsprozesse zueinander und die Konsequenzen, die durch die Digitalisierung eines oder mehrerer dieser Prozesse entstehen, stellen einen wesentlichen Teil der Vorbereitung dar.
Wird eine Teilstrecke eines End-to-End-Prozesses (E2E-Prozess) digitalisiert, könnte das Auswirkungen auf den restlichen Prozess haben. Genauso wie die Optimierung eines kompletten E2E-Prozesses Auswirkungen auf andere Geschäftsprozesse haben kann.
Die Auswirkungen können Veränderungen sein, wie ein anderes Dateiformates als vor der Digitalisierung oder aber auch weitreichende Veränderungen, welche gegebenenfalls die Einführung eines manuellen Workarounds veranlassen. Solche Effekte auf die unternehmensweite Prozessstruktur können durch die frühzeitige Einbindung von relevanten Stakeholdern sowie den betroffenen Fachbereichen identifiziert werden.
Auch Veränderungen der äußeren Einflussfaktoren können Auswirkungen auf die zu digitalisierenden Prozesse haben. Etwa bei der Bereitstellung einer neuen Plattform zur Abwicklung bestimmter Geschäftsprozessen mit Kunden und Partnern. Dabei ist es sinnvoll nicht nur die eigene Sicht zu kennen, sondern auch Feedback der externen Zielgruppe einzuholen.
Neben den konzeptionellen Vorbereitungsschritten gibt es auch soziale Zusammenhänge, die für die Vorbereitung berücksichtigt werden sollten.
Mitarbeiter-Führung:
Eine moderne und zeitgemäße Mitarbeiterführung zeichnet sich auch durch die rechtzeitige Einbindung der betroffenen Personen in die Definierung des Digitalisierungsziels als auch in die Planung zur Umsetzung aus. Der Kreis der Betroffenen Mitarbeiter sollte in der Analysephase bereits identifiziert worden sein. Das Potential der Wissensträger sollte genutzt werden, um die definierten Ziele in den gesetzten Bedingungen zu erreichen. Um erfolgreich zu sein ist es wichtig, das jeweilige Wissen aller Beteiligten miteinfließen zu lassen, aber auch die Mitarbeiter*innen inhaltlich abzuholen, mit ihnen gemeinsam die Umsetzung zu planen und zu implementieren.
Es ist essenziell für den Erfolg eines Digitalisierungsprojekts, sich zu einem möglichst frühen Zeitpunkt Gedanken über deren Beteiligung zu machen, auch in der digitalen Welt. Die Veränderung, die die Digitalisierung mit sich bringt, wird somit von den Beteiligten mitgetragen.
Sowohl die Planung der Medien, die für die Zusammenarbeit verwendet werden sollen, als auch der Grad der Beteiligung von Einzelnen ist wesentlich, nicht jeder muss alles wissen und an allen Entscheidungen mitwirken.
Das Umsetzungsprojekt:
Nicht nur die ganzheitliche Vorbereitungsphase ist ein wichtiger Schritt hin zur Digitalisierung, sondern auch die Umsetzung des Digitalisierungsprojekts und sollte daher ebenso sorgfältig geplant und durchgeführt werden. Das erprobten Vorgehensmodell EETO (Envision – Engage – Transform ⎯ Optimize) in Abbildung 2 zeigt die Unterschiedlichen Projektphasen auf. Die erste Phase „Envision“, stell hier die Phase dar in welcher die strategische Zielentwicklung stattfindet. Nach Envision folgt die „Engage“ Phase, in welcher ein detailliertes Konzept der Digitalisierung ausgearbeitet wird. Die Phase „Transform“ steht für die Implementierung und Finalisierung der Umsetzung. Zuletzt folgt die Optimierungsphase.
Mit der Festlegung des Digitalisierungssziels und der Konzeptionierung des Projektes unter Berücksichtigung aller relevanten Aspekte, als auch die Beteiligten aller erforderlichen Wissensträgern sind die ersten beiden Phasen erfolgreich abgeschlossen.
Die Unterscheidung zu der vorher definierten Vorbereitungsphase liegt in der Art der Vorbereitung. Während in der „Engage“ Phase die konzeptionellen Bausteine für die Digitalisierung gelegt werden, richtet sich die Transformationsphase auf die Festlegung der Rahmenbedingung für ein explizites Projekt. Die Umsetzung des Projektes findet dann in der Transformationsphase statt. Hier sollten neben der Aufstellung von Budgets, Timelines, auch das Projektteam sorgfältig ausgesucht und geplant werden.
Ein immer wieder zu beobachtendes Phänomen bei der Zusammenstellung von Teams und der damit einhergehenden Rekrutierung von Personal aus den Fachbereichen ist die Zuordnung auf Grund von Stereotypen, wie „jeder in der IT-Abteilung hat Wissen über die Digitalisierung von Prozessen“. Dieser Trugschluss ist nachvollziehbar, aber leider falsch. Die Mitarbeiterauswahl sollen auf der Grundlage der fachlichen Anforderungen und deren Fähigkeiten getroffen werden.
Es müssen zudem klare, eindeutige und vor allem messbare Erfolgsfaktoren (KPIs) festgelegt werden mit denen der Fortschritt des Projekts den unterschiedlichen Stakeholdern transparent dargestellt werden kann, damit die Digitalisierung zielgerichtet umgesetzt werden kann.
Auch während dieser Phase sollte regelmäßig überprüft werden, ob das Projekt weiterhin den Anforderungen an das Digitalisierungsziel entspricht und die Rahmenbedingungen eingehalten werden.
Übernahme in den Betrieb:
Nach erfolgreicher Umsetzungsphase gehen die optimierten, digitalisierten Prozesse in den Betrieb über. Auch wenn dieses Projekt erfolgreich beendet wurde, sollte der Prozess in den kontinuierlich Verbesserungsprozess (KVP) überführt werden. Bekanntermaßen sind die Märkte meist volatil: Auf die Veränderungen im Markt sollte auch ein Unternehmen reagieren, indem die digitalen Produkte und Prozesse an die Veränderungen im Markt angepasst werden. Die regelmäßige Überprüfung der Digitalisierungsziele, wie der Einfluss externer Veränderungen, zeigen den entsprechenden Handlungsbedarf für eine entsprechende Anpassung auf.
Unter Anderem sind periodische Audits hilfreich zur Bestimmung des Reifegrades der IT-Sicherheit, Effektivität und Effizienz. Dabei sollte auf die Konformität zu regulatorischen Anforderungen und weiteren externen Faktoren geachtet werden.
Diese regelmäßige Überprüfung dient dazu, dass der Bedarf für Anpassungen und Optimierungen rechtzeitig erkannt und geplant werden. Dadurch ist gewährleistet, dass wichtige Entwicklungen, Märkte und Technologien erkannt werden. Auch kann das Lebensende eines digitalen Prozesses rechtzeitig erkannt werden und der Austausch dadurch frühzeitig eingeleitet.
Das könnte der Impuls für das nächste Digitalisierungsprojekt sein.
Warum STRANGE Consult:
Die STRANGE Consult GmbH befasst sich nun seit mehr als 7 Jahren in den beiden Branchen Finanzdienstleister und Public mit dem Thema Digitalisierung. Dadurch können wir auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Von Best Practice Modellen, über Reifegrad-Bestimmung bis hin zu Benchmarking können wir den Kunden bereits im ersten Schritt strategisch, konzeptionell und operationell beraten.
Wir definieren uns als Managementberatung mit strategischem Weitblick. Wir wollen immer über den Tellerrand hinausschauen und -denken. Um das bestmögliche Ziel für unseren Kunden zu erreichen, scheuen wir uns auch nicht einmal gesetzte Strukturen und Prozesse zu hinterfragen.
Um das zu gewährleisten, legen wir großen Wert auf unsere Kernthemenfelder:
Strategie- und IT-Management, Daten- und Informationsmanagement, Prozess- und Workflowmanagement sowie Programm und Transformationsmanagement. Mit unserem Beraterteam, dass aus jungen und talentierten Nachwuchskräften als auch aus erfahrenen und fachkundigen Beratern besteht, decken wir nicht nur fachlich unsere Kernthemen ab, sondern bieten auch kundenspezifische Lösungen. Wir schneiden die Projekte passgenau auf die Kundenanforderungen zu und begleiten diese von Anfang an, wie zum Beispiel Ausschreibungen, Strategie-Entwicklung oder Projektplanung an sich, über die operative Umsetzung bis hin zur erfolgreichen Übergabe in den Betrieb und darüber hinaus.
Autoren: Veronika Dörffler (Lead Consultant) & Peter Nonn (Program Manager)
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