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CX bei Kundenportalen der Förderbanken

Ein optimales User-Erlebnis bei der Nutzung von Kundenportalen gelingt nur durch die Berücksichtigung der Stakeholder-Bedürfnisse und ein tiefgreifendes Verständnis ihrer Anforderungen in jeder Phase der Interaktion. Für Förderbanken ist es unumgänglich, sich den aktuellen Herausforderungen angemessen zu stellen und sich durch Customer Experience Design & Management fit für die Zukunft zu machen.


In der Bankenbranche ist die Digita­lisierung von Kommunikations- und Interaktions-Touchpoints inklusive entsprechender Channels für die Kunden schon weit vorangeschritten. Vergleichsweise neu ist der Ausbau von Antragsportalen im Umfeld von Förderprogrammen. Es gibt diverse Förderungen, beispielsweise der EU – über 94 Prozent des EU-Haushalts kommen Bürgern, Regionen, Kommunen, Landwirten und Unternehmen in der EU zugute. Die Europäische Union fördert in allen 27 EU-Staaten Projekte und Programme für beispielsweise Regional- und Stadtentwicklung, Beschäftigung und soziale Eingliederung, Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums, Meeres- und Fischereipolitik sowie Forschung und Innovation – des Bunds und der einzelnen Bundesländer. Um diese Programme ihren Benefiziaten zugänglich zu machen, sind in der Regel Förderbanken zwischen­geschaltet. Über diese können sich Berechtigte, also geförderte Zielgruppen, auf die entsprechende Förderung bewerben. Die Förderbank unterstützt den Antragsprozess und zahlt die genehmigten Mittel schließlich an die ­Antragsteller aus. Häufig handelt es sich hierbei um Kredite zu vergünstigten Sonderkonditionen oder um Direktzahlungen bzw. Hilfen aus Fonds. Die Kunden der Förderbanken sind es durch ihre Tätigkeiten in digitalisierten ökonomischen Branchen gewohnt, ihre Belange bequem online managen zu können – vergleichbare digitale Services erwarten sie auch von ihrer Förderbank. Hinzu kommt, dass in den letzten Jahren viele neue politische Vorgaben auf den Weg ­gebracht wurden, welche die Bereitstellung digitaler Antragsprozesse ­explizit vorschreiben. Die Förderbanken haben daher reagiert. Es werden moderne Kundenportale entwickelt oder sind schon in Betrieb, um den Zielgruppen die Beantragung und Abwicklung von Förderleistungen mühelos online zu ­ermöglichen.


CX Design & Management wird wichtiger


Gleichzeitig hat das Thema Customer Experience (CX) Design & Management an Bedeutung gewonnen. Die Bank will und muss die Bedürfnisse und Anforderungen in jeder Phase der kommunikativen Interaktion und Kundenbeziehung verstehen, um ein optimales Nutzererlebnis bieten zu können und die Kundenzufriedenheit auch im Branchenvergleich zu optimieren. Ziel ist es, an allen Touch­points, und somit über das digitale Omnichannel-Management hinweg, „Magic Moments“ für die Stakeholder zu generieren.

Alle Interaktionsschnittstellen und Prozesse sind demnach auf den ­Kunden und seine Bedarfe entlang seiner Customer Journey auszurichten. Wichtig dabei ist, dass die ein­gesetzten Technologien eine unkomplizierte, flexible und vor allem Zielgruppen-orientierte Kommunika­tion mit den Kunden ermöglichen. Nur so ist eine aktive und nachhaltige Kundenbeziehung mit hohen Service-Zufriedenheitswerten und einer wachsenden Weiterempfehlungsquote möglich. Diese ist sehr relevant für Förderbanken, da das öffentliche ­Ansehen maßgeblich von der Zufriedenheit der Kunden abhängt.


Mit Customer Experience Design wird die Kundenorientierung im Unternehmen systematisch analysiert, optimiert und in der Organisation verankert. Ziel ist es, den Kunden ein für sie optimales, ganzheitliches und konsistentes Kundenerlebnis zu vermitteln, um so die Loyalität zu steigern und Weiterempfehlen zu stimulieren. Neben funktionalen Aspekten kann die Customer Experience auch weniger greifbare, symbolische Faktoren umfassen, und so die Emotionen des Kunden wecken. So ist sie ein mehrdimensionales Konstrukt, das verhaltensbezogen, kognitiv, emotional und sensorisch ist.


Dieses Umstands sollte man sich ­insbesondere beim Online-Kontakt ­bewusst sein. Auch, wenn hier die zwischenmenschliche Interaktion (zunächst) fehlt, können Emotionen bei den Nutzern schnell getriggert werden. Zum Beispiel können Stakeholder maximal frustriert sein, wenn nach einer Stunde des mühsamen Erfassens von Informationen und dem Hochladen einer Vielzahl von Dokumenten bei einem umfangreichen Förderantrag plötzlich alle Eingaben auf Grund eines System­fehlers verschwunden sind und das ganze Prozedere von neuem gestartet werden muss. Ein ähnliches Problem gibt es, wenn der antragstellenden Person nicht alle Unterlagen vorliegen und sie diese erst noch an anderer Stelle beschaffen muss, es aber ­keine Möglichkeit gibt, die bisher erfassten Dokumente zu speichern.


Dieses kleine Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, mehrwertbringende Lösungen für die Bedarfe der Kunden an den richtigen Interaktionsschnittstellen zu platzieren. In diesem Fall muss die Möglichkeit des Anlegens eines Kundenkontos geschaffen werden, so dass die Bearbeitung zu einem spä­teren Zeitpunkt flexibel fortgesetzt ­werden kann.


Einbindung existierender Nutzerkonten


In diesem Kontext sollte auch die Möglichkeit einer Einbindung von ­verfügbaren, existierenden Nutzerkonten vorhanden sein, die ein schnelleres Einloggen beziehungsweise schnellere Eingabe der persönlichen Daten ermöglichen. Dies können beispielsweise die „BundID“ oder entsprechende Varianten auf Landesebene sein, welche ähnlich wie „Log-in mit Facebook / Google / Apple“ funktionieren, jedoch offizieller und besonders geschützt sind. Dabei ist insbesondere die Authentifizierung mittels eID, die von immer mehr Bürgern bei ihren neuen Personalausweisen aktiviert wird, hervorzuheben. Ein Smartphone mit NFC-Funktionalität in Verbindung mit der Personalausweis App genügt. So lassen sich Komfort und Sicherheit sehr gut verbinden.


Um eine höhere Zufriedenheit zu ­erreichen, empfiehlt sich demnach eine Fokussierung auf die Leistungs- und Begeisterungsmerkmale an den Touchpoints entlang der gesamten Kundenreise und des einhergehenden Antrags-Lebenszyklus. Mit der Methodik „Customer Journey Mapping“ wird die Kundenreise über die Touchpoints sowie die beteiligten ­Abteilungen sichtbar und kann optimiert werden. Eine Optimierung ­wiederum kann mithilfe des Instruments „Voice of Customer“ (VoC) ­erfolgen – diese besteht aus der Analyse bereits vorhandener kunden­bezogener Daten und der gezielten Einholung und Auswertung von Kundenfeedback mittels verschiedener analytischer Ansätze.



Customer Journey mit Touchpoints © Strange Consult GmbH


Ziel der Optimierung ist es, CX systematisch in allen Geschäftsprozessen zu steuern, strategisch zu differen­zieren und zum Kern der Marken­strategie zu machen. Echte Kunden­zentrierung ist ein langfristiger Change-Prozess im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung unter stetiger Berücksichtigung der Effizienz. Trotz des “weichen” Themas ist “hartes” Management gefragt!


Soziale Kompetenz ist gefragt


Soziale Kompetenz ist gerade in herausfordernden Kundensituationen der Schlüssel zur optimierten CX. Gerade beim Auftreten von Problemen wird aus einem rein digitalen Prozess ein Fall für das Callcenter. Hier sind einerseits Sozialkompetenz gefragt, um die aufgebrachten Gemüter zu beruhigen, und andererseits technisches Know-how, um die Anwender bei der Bedienung des Tools zu unterstützen. Auch eine Chat-Funktion, um mit dem Support in Kontakt zu treten, wird häufig erwartet.


Um eine optimale CX zu gestalten, müssen die übergreifenden Kategorien (strategische Ausrichtung der Customer Experience, operatives Prozessmanagement und die nachhaltige Fähigkeit zur Optimierung des Unternehmens) hinsichtlich des Kundenmanagements integrativ betrachtet werden. Hilfreich bei der Weiterentwicklung des Customer Experience Designs & Managements ist die Messung des aktuellen Status quos ­anhand eines Reifegradmodells. Die Stufen entwickeln sich hierbei von ­einem Bewusstsein für die CX-Relevanz, über eine aktive konzeptionelle Entwicklung bis hin zu einem strate­gischen, innovativen und handlungsleitenden CX. Ein zentrales Kriterium ist dabei die Kundenzufriedenheit, da man davon ausgeht, dass das Customer Experience Management auf sie den größten Einfluss hat. Auf Basis der Einordnung in das Reifegrad­modell können dann klare Ziele für die Zukunft definiert werden.


Reifegradmodell © Strange Consult GmbH


Mit Hilfe des Strange EETO Modells kann der Reifegrad systematisch erhöht werden. Vereinfacht dargestellt müssen erst alle Kundenkontaktpunkte identifiziert und dann anhand einer Skala bewertet werden. Eine Planung von Verbesserungsmaßnahmen wird dann für die Bereiche mit den größten Schwächen und gleichzeitig der größten Wichtigkeit für die Kundinnen und Kunden fokussiert. So kann, ausgehend von der Vision eines Antrags­portals, die Umsetzung angegangen werden. Daraufhin können die bestehenden Systeme beziehungsweise der bestehende Prozess hin zu einem verbesserten Portal transformiert und optimiert werden.


Umsetzung der Maßnahmen: agil und evolutionär

Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt evolutionär und agil, da sich die Anforderungen der Kunden stetig und schnell ändern. Bei der Umsetzung sind folgende Schritte zu beachten

  • Erstens muss sich die moderne Bank organisatorisch so strukturieren, dass sie sich auf wechselnde Szenarien rasch einstellen und ihr Kundenportal agil auf neue Anforderungen und technische Innova­tionen anpassen kann. Die Unternehmensbereiche müssen hier übergreifend zusammenarbeiten und idealerweise für jeden Touchpoint Verantwortliche benannt und ausgebildet werden.


  • Zweitens müssen die entwickelten Kundenportale und Antragsstrecken ein positives Touchpoint-­Erlebnis ermöglichen. Zur Optimierung der Kundenportale sollte deren Qualität und die Kundenzufriedenheit in definierten Abständen analysiert werden. In diesem Kontext kann es ratsam sein, bei neuen Portal-Versionen einen ausführlichen Test anzustrengen. Dieser Test sollte nicht nur die reine Funktionsfähigkeit der neuen Features untersuchen, sondern vielmehr auch aus einer Meta-Ebene auf den Gesamtprozess schauen. Dabei ist die Perspektive des Antragstellers einzunehmen und aus dessen Sicht eine Bewertung des Gesamterlebnisses vorzunehmen. Auch sollte der Kundensupport stark in alle ­Änderungen einbezogen werden, um zum einen Feedback der Kunden einfließen zu lassen, und zum anderen sich mit allen Neurungen gut auszukennen.


  • Drittens muss die Zufriedenheit mit den Touchpoints regelmäßig einem Monitoring unterzogen werden. Gerade bei der Entwicklung einer Kundenplattform und deren Bausteinen ist bereits bei der Entwicklung auf das Thema Customer Experience zu achten. Teilweise werden verschiedene Antragsstrecken noch von unterschiedlichen Entwicklerteams ohne klare Design-Vorgaben entwickelt, so dass kein einheitliches Kundenerlebnis möglich ist und die Unterschiede oft negativ wahrgenommen werden, da sich der Antragsteller bei jedem Prozess neu zurechtfinden muss. Idealerweise wird die Kundenbewertung tagesaktuell erhoben und in einem Dashboard abgebildet, und steht den Verantwortlichen für weitere Analyse zur Verfügung.


  • Viertens ist nach der Umsetzung der geplanten Maßnahmen ein stetiger Optimierungsprozess zu institutionalisieren, der auch den Wandel in der Bank zur Schaffung einer kunden- und erlebnisorientierten Unternehmenskultur fördert. Ausgereifte Plattformen sind irgendwann nicht mehr nur Antragsportale, sondern Kommunikationszentren für alle Belange rund um die Förderung, wo Antragsteller alle benötigten Informationen erhalten und sich mit Kundensupport und der Community unkompliziert austauschen können. Es ist sinnvoll, bei allen ­Betrachtungen hinsichtlich Kundenfreundlichkeit auf verschiedene mögliche Antragsteller im Sinne so genannter „Persona“ einzugehen. So kann unterschiedlichen Kundentypen Rechnung getragen und möglichst viele zufriedenstellend bedient werden. Bei Förderbanken können dies sowohl Privatpersonen als auch juristische Personen wie Firmen, Selbständige, oder Organisationen mit verschiedenen Hintergründen und Förder-Anliegen sein.


CX Design & Management – der Weg in die Zukunft


Die Zunahme der Komplexität von digitalen und persönlichen Touchpoints mit den Kunden sowie die multidimensionale Verknüpfung mit Social Media gepaart und weiterwachsenden Ansprüchen erfordern einen proaktiven Umgang des Managements mit dem Thema Customer Experience Design & Management.

CX Design & Management wird daher zukünftig immer mehr ein kritischer Erfolgsfaktor für moderne Förderbanken. Zu empfehlen ist, dass Sie Ihren Evolutionsgrad systematisch analysieren und daraus die Gaps, den Handlungsbedarf und eine nachhaltige Customer Journey ableiten und das Thema CX Design & Management auf Vorstandsebene verankern.









Autor Christian Paesch,

Expert Consultant, STRANGE Consult GmbH



Autor Dr. Thomas Graf,

Partner, STRANGE Consult GmbH

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